Fest der Toten

Eine moderne Gesellschaft, deren Ziele und Inhalte überwiegend Gewinn- und Expansionsorientiert sind, fürchtet wenig so sehr wie den Verlust. Wie also verhalten wir uns, in einer Zeit, in der der Tod und die Verluste, die er mit sich bringt, präsenter denn jeh sind?
Ein solch sichtbarer Schwund an Menschenleben, aber auch Strukturen, Jobs, Einkommen und Sicherheit, wie wir ihn derzeit erleben, konfrontiert uns geradeheraus mit der eigenen Endlichkeit. Die fehlende Praxis für einen Umgang mit dem Sterben, resultieren oft in einem Gefühl der Angst und Überforderung. Jedoch enthalten der Tod und Trauerprozesse immer auch Fruchtbarkeit, Vitalität, Transformation und Wachstum. 

Fest der Toten ist eine künstlerisch-performative Recherchearbeit und Neuevaluierung der Emotionen, Gedanken, Fakten und Mythen Rund um den Tod.
Hierbei wird innerhalb einer mehr monatigen Arbeitsphase über die existierenden und vergangenen Glaubenssysteme rund um die Themen Tod, Transformation, Totenandacht und Ahnenkulturen in verschiedenen Traditionen recherchiert.

“I believe that the culture of silence around death should be broken through discussion, gatherings, art, innovation and scholarship“. - Order of the good Death

Zu Beginn der Recherche befasste ich mich mit Bräuchen, Traditionen und Mythen die mit dem Tod in Verbindung stehen und verschaffte mir Mittels Bücher und Dokumentationen einen historischen Überblick über den Tod in Kunst, Literatur, Mythologie und Gesellschaft. Es war inspirierend von der Vielfalt und offenen, kreativen Auseinandersetzung und Narrativen über den Tod zu lesen, den verschiedenen Rituale, den Gräbern die vor 1000 Jahren erbaut wurden und immer noch stehen, den Zeremonien und den Monumenten. Dagegen scheint unsere Tradition heutzutage und hierzulande vor allem bürokratisch, materialistisch und in seiner Emotionalität verkümmert. Haben wir nicht mehr die Mittel, Rituale, Orte und Zeiträume um kollektiv zu trauern und zu feiern? Oder einfach zu wenig Interesse? Oder ist es schlicht die Angst und daraus resultierende Unsicherheit im Umgang mit dem Tod ?

Eine neuzeitliche Bewegung, ist das Death Positivity Movement, eine Initiative mit dem Ziel, den Tod zu normalisieren. Ins Leben gerufen wurde die Bewegung 2011 vom Order of the Good Death in den USA. Ich würde Ihren Ansatz an den Tod als empowernd, würdevoll und authentisch beschreiben, in dem der OFTGD offene und tabulose Gespräche über den Tod auf ihrer Website und in ihrem Podcast führen. Genauere Einblicke über die Intention der Initiative finden sie hier.
Angeregt durch das Death Positiviity Movement, blieben meine Gedanken beim toten Körper hängen, der vermeintlich kein Leben und keine Bewegung mehr enthält. Oder doch? Was ist mit den, für uns eher morbiden Zersetzungs- und Verwesungsprozesse, die nicht sichtbar, jedoch notwendig für die Kreisläufe des Lebens sind? Bei genauerer Betrachtung wurde mir die Stigmatisierung von Leichen in unserer Kultur bewusst, vor allem im Vergleich zu anderen Kulturen. Greift auch hier der Kapitalismus und arbeitet gegen die Rechte eines Toten Körpers und die Wünsche der Hinterbliebenen? Der Tod ist letztendlich ineffizient, ein Minusgeschäft, der ultimative Verlust. Einen Toten Körper kann man nicht mehr ausbeuten, welchen Zweck hätte da jegliche Investition?

Der Respekt für den Tod und die Verstorbenen, zeigt sich u.a. in der Gestaltung von Beerdigungen. Von antiken, ägyptischen Mumifizierungen bis zu modernen New Orleans Jazz Funerals oder jährlich wiederkehrenden Feierlichkeiten, wie dem Día de los Muertos in Mexico, gibt weltweit ein weites Spektrum an Ritualen, die eine Totenfeier zu einem festlichen Spektakel werden lassen, einem für mich bis dahin wenig vertrautem Ansatz an Totenfeiern, dem ich mich auch in Zukunft in meiner Arbeit widmen möchte.

Fest der Toten ist eine Recherchearbeit unterstützt durch das MKW Stipendium der 2020 NRW Soforthilfe